Ich wurde 1949 geboren, bin verheiratet und habe 4 Kinder. Nach Abschluss meines Psychologiestudiums (1977) habe ich in verschiedenen ambulanten und stationären Einrichtungen (Beratungsstellen und Kliniken) als therapeutischer Mitarbeiter gearbeitet. 1983 habe ich mich entschlossen, meine eigene Praxis für Psychotherapie zu gründen.
Um für meine psychotherapeutische Tätigkeit auch entsprechend gerüstet zu sein, habe ich neben einer verhaltenstherapeutischen Ausbildung an der Universität Bochum nach weiteren effektiven Fortbildungsmöglichkeiten gesucht. Dabei hörte ich von Katharina Martin*, einer kompetenten Therapeutin, die eine Ausbildung in „Kreativitätstraining“ leitete. Da dies mein Interesse weckte, meldete ich mich zu einer mehrjährigen Fortbildung an. Diese Trainerin erinnerte mich an eine strenge tibetische Zen-Meisterin, die sogar in der Lage war, einen ausgewachsenen Mann über mehrere Runden im Kreis herumzutragen, scheinbar mühelos.
Aufgrund noch anderer außergewöhnlicher Qualitäten hatte sie mich sehr beeindruckt. So gab es bespielsweise gewisse „Synchronizitäten“: Bei einer Gelegenheit, während eines Seminars, wählte jeder Teilnehmer scheinbar „zufällig“ einen Spruch aus einer Menge von unterschiedlichsten Sprüchen, die sie zur Verfügung gestellt hatte, und – zur Verblüffung aller – hatte jeder einzelne einen Spruch gezogen, der haargenau zu den entsprechenden biographischen Gegebenheiten dieser Person passte.
Später begann ich bei ihr auch meine Gestalttherapeutische Ausbildung und bekam von ihr die Empfehlung, mich an Gerald Kogan* als Lehranalytiker zu wenden, den sie als vertrauenswürdigen Menschen und Freund kennengelernt hatte. Der Vertrauensvorschuss für diesen Ausbilder war genau der richtige Start für meine Einzelanalyse. Diese Art der Kontaktknüpfung kann ich nur jedem empfehlen, der einen Ausbilder oder Therapeuten sucht. Die Geduld, die er mir schließlich entgegengebracht hat, habe ich erst Jahre später, während meiner eigenen therapeutischen Arbeit, schätzen gelernt.
Zur Körpertherapie hatte ich anfangs ein sehr ambivalentes Verhältnis. So hatte ich während meines Studiums einen Film über die „Esalen-Massage“ gesehen. Dieser Film war lediglich als „Körpertherapeutische Methoden“ angekündigt worden. Was ich dann jedoch sah, hat mich teils fasziniert, teils abgeschreckt: Dort massierten sich Männer und Frauen gegenseitig und alle nackt! Aufgrund dieser Ambivalenz hatte ich es nie gewagt, mich weiter mit dieser Therapierichtung zu befassen, bis ich auf einem Gestaltworkshop Michael Smith* kennenlernte: Im Sommer 1983, in dem es so heiß war, dass sich die Wälder zum Teil selbst entzündeten, fuhr ich nach Südfrankreich. Dort angekommen, in einer flimmernden Luft von mehr als 40 Grad im Schatten, tanzte Michael Tai-Chi-Übungen. Ich begann schon, ihn in die entsprechende Schublade zu stecken. Als er dann jedoch später mit einer Flasche Bier in der Hand und einem „Ghettoblaster“ auf der Schulter zur Rockmusik singend zum gemeinsamen Abendessen im Freien kam, war diese Schublade des abgehobenen Thai-Chi Gurus schnell wieder zu. Es ließ ihn bodenständiger erscheinen und holte ihn für mich wieder in die reale Welt. Er war das von allen Kollegen und auch von seinem Lehrer unbestrittene Genie. So brauchte er z. B. nur ganz sanft bestimmte Gesichts- oder Körperpartien zu berühren und schon wurden Blockaden, die er einfach „sah“, aufgelöst, meist in Form von kathartischen Entladungen (Katharsis, griechisch = „seelische Reinigung“). Was in seinen Gruppen passierte, konnte ich nur staunend bewundern, ohne dass ich genauer hätte sagen können, was hier eigentlich vor sich ging.
Später lernte ich seinen Lehrer Robert Hall* und Ernestine Ward* kennen, in deren Gruppen ich, nachdem ich meine Gestaltausbildung schon längst abgeschlossen hatte, erfahren habe, was es wirklich heißt, im „Hier und Jetzt“ zu sein:
So ging es mir einmal während eines Seminars wirklich hundsmiserabel: Ich fühlte mich weder angenommen noch verstanden. Stattdessen wusste ich: „Niemand liebt mich!“ Eigentlich war ich soweit, dass ich auch nicht mehr wusste, wozu eigentlich diese ganze Ausbildung gut sein sollte, und letzten Endes zweifelte ich überhaupt an meinem Beruf. Ich war also kurz davor zu sagen, dass ich ein hoffnungsloser Fall wäre. In dieser Situation nahm ich all meinen Mut zusammen, um zu gestehen, wie schrecklich es mir in diesem Augenblick ging. Aber meine Erwartung, dass ich nun eine pfiffige Lösung angeboten bekäme oder doch wenigstens ein tröstendes Wort, wurde grundlegend enttäuscht: Stattdessen sagte Robert ganz ruhig und klar zu mir: „Then be this hopeless case!“ („Dann sei dieser hoffnungslose Fall!“).
Dieser einfache Satz warf mich auf mich selbst zurück und brachte den Knoten zum Platzen: Ich hatte die Lösung im Außen gesucht und übersehen, dass sie in mir selbst lag und gleichzeitig in jenem aktuellen Augenblick; ich brauchte nicht erst auf eine ungewisse Zukunft zu warten.
Es klingt eigentlich recht simpel, fast banal, wenn er sagte: „Alles, was so ist, ist so, wie es ist“. D. h. letzten Endes darf ich mir gestatten, so zu sein wie ich jetzt in diesem Augenblick bin, inklusive meiner Schwächen und unabhängig von irgendwelchen Normen.